Deutschland hat weder eine starke Venture Capital-Industrie wie das Silicon Valley, noch einen interventionistischen Staat wie China, der ohne Rücksicht auf Verluste Geld und Menschen in disruptive Innovationen lenkt. Damit deutsche und europäische Unternehmen im Wettbewerb mit den USA und China nicht untergehen, müssen sie Innovationen aus sich heraus schaffen. Dafür müssen sie sich neu organisieren: Nicht mehr als kompakte Einheit, sondern als Flottenverbund.
Unternehmenslenker stehen dabei vor der Herausforderung, das Bestandsgeschäft effizient und margenstark zum Erfolg zu führen und gleichzeitig das Innovations- und Zukunftsgeschäft zu forcieren. Doch in den beiden Sphären herrschen unterschiedliche Bedingungen: Dort Hierarchie, effiziente Prozesse und klar definierte Aufgaben mit spezifischen Anforderungen an die Fähigkeiten, hier strikte Kunden- und Marktzentrierung, schnelles, aufgabenbezogenes Lernen und Mut, unbekannte Wege zu beschreiten, Fehler zu machen und immer wieder von vorne zu beginnen.
Vom Floß zum Kreuzfahrtschiff
Ein Start-up braucht andere Strukturen, andere Führung, andere Formen der Zusammenarbeit als ein stark wachsendes oder bereits etabliertes Unternehmen. Beim Versuch, das alles unter einen Hut zu bringen und das Unternehmen auf die Zukunft auszurichten, verordnen CEOs ihren Organisationen Agilität. Doch das führt zumeist auf den falschen Weg.
Mit dem einfachen Überstülpen vermeintlich agiler Methoden ändert sich nichts.
Und die Unternehmensführung erreicht mit ihren Interventionen wie immer nur die Mitarbeiter, die sowieso als Innovatoren und Vorreiter Neues begeistert begrüßen und ausprobieren. Was nicht gelingt: Strukturen zu entwickeln, die Offenheit für und Lust auf Neues auf die Gesamtorganisation ausdehnen.
Agile Transformation bleibt zu oft an der Oberfläche
New Work beschränkt sich meist auf die Gestaltung der Arbeitsplätze und die Einführung neuer Methoden. Meist ohne positive Auswirkungen auf das Geschäft.
Viel wird investiert, der Output bleibt schwammig und die bekannten Strukturen bleiben unberührt. Und nach ein paar Monaten heißt es: „Experiment gescheitert, machen wir weiter wie bisher.“
Wir brauchen Agilität dort, wo sie erfolgsentscheidend ist – je nach Aufgabe der Unternehmenseinheit. Unternehmen werden divers und umfassen vom Start-up bis zum jahrzehntealten Marktführer unterschiedlich reife Bestandteile. Wir haben das in das Bild des Unternehmens als Flotte überführt, als Verbund verschiedener Boote vom Floß bis zum Kreuzfahrtschiff. Wir verstehen das als Framework und nennen es FLEAT (Fluid Enterpreise Agilty Transformation).
FLEAT – die agile Unternehmensflotte
In diesem Bild navigieren Boote eigenständig und möglichst autonom im Flottenverbund. Jedes Boot hat eine eigene Mannschaft, die Mitglieder heuern freiwillig an. Und bleiben so lange an Bord, wie sie mit ihren Fähigkeiten zum Erfolg beitragen können.
Jede Phase im Leben eines Unternehmens wird bei FLEAT von einem eigenen Bootstyp repräsentiert. Am Anfang steht das Floß – das Start-up. Es ist die Antwort auf transparent kommunizierte strategische Herausforderungen der Unternehmensführung. Mitarbeiter nehmen diese als Herausforderung an und entwickeln ein Lösungskonzept, das sie vor internen Investoren (Vorstand oder Bereichsleitung) präsentieren und „verkaufen“. Gewinnen sie den Pitch, starten sie ihr Floß, ausgestattet mit Budget und Ressourcen, um innerhalb einer gesetzten Frist Prototypen zu entwickeln, Marktanalysen durchzuführen und einen Business Case zu erstellen. Am Ende der Frist präsentiert das Team erneut vor den Investoren.
Von Flößen zu Kreuzfahrtschiffen
Passieren sie diese Schleuse, machen sie weiter – als Ruderboot. Die geben die bisherige Position im Unternehmen auf und bauen ihr eigenes wachsendes Start-up auf. Die Einheit wächst zum Dampfschiff, das nur ein Ziel hat: Wachsen. Um schließlich zu einem eigenen Kreuzfahrtschiff im Flottenverbund zu werden, auf dem das Standardgeschäft weiterentwickelt und vermarktet wird, bis der Produktlebenszyklus an sein Ende kommt.
Ein agiles Unternehmen hat permanent unterschiedliche Flöße, Ruderboote, Dampfschiffe und Kreuzfahrtschiffe im Wasser. Sie organisieren sich als unabhängig voneinander agierende Einheiten (Independent Operating Unit = IOU), mit voller Ende-zu-Ende-Verantwortung, inklusive eigener Gewinn-und-Verlust-Verantwortung. Aber alle sind auf ein gemeinsames übergreifendes Ziel ausgerichtet. In jeder IOU herrschen spezifische Formen der Führung, der Zusammenarbeit, der Arbeitsteilung – je nach Zweck, Reifegrad und Herausforderung.
Autonom mit gemeinsamem Geschäftszweck
Wir verstehen FLEAT als Antwort auf die Herausforderungen und schnellen Veränderungen der Märkte. So autonom und unabhängig wie möglich und nötig steuern alle auf das gemeinsame Ziel Unternehmenserfolg und Zukunftssicherung zu.
Dieser Gastbeitrag entstand in Zusammenarbeit mit Haufe-Lexware. Besuchen Sie den Track „Digital Insights“ am Mittwoch oder am Donnerstag auf der solutions.hamburg.